Wissenschaftlicher Hintergrund und Rationale für die Einrichtung eines Registers

Gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen (GTD) umfassen eine zytogenetisch und klinisch heterogene Gruppe von Krankheitsbildern, die durch eine Fehldifferenzierung und/oder Proliferation des Trophoblastepithels gekennzeichnet sind [1]. Die morphologische Einteilung erfolgt nach der World Health Organization (WHO)-Klassifikation [2]. Aufgrund des Nachweises bzw. des Fehlens von Chorionzotten (lat. ,villi‘) können villöse und nicht-villöse GTD unterschieden werden. Villöse und nicht-villöse GTD umfassen sowohl benigne als auch maligne Erkrankungen sowie solche, die sich von benigne zu maligne entwickeln, wie z.B. im Fall der postmolaren Trophoblastpersistenz. GTD sind seltene Erkrankungen, sodass in den einzelnen Krankenhäusern lediglich eine geringe Zahl von Patientinnen pro Jahr behandelt wird. In den entwickelten Industriestaaten wird für die Blasenmole eine Prävalenz von 1 pro 591 Schwangerschaften angegeben [3], für GTD eine Prävalenz von 1 pro 714 Lebendgeburten [4]. In einer populationsbasierten holländischen Studie mit 6343 Fällen von GTD, die über einen Zeitraum von 20 Jahren (1994 bis 2013) gesammelt wurden, zeigte sich ein Inzidenzanstieg in den ersten 10 Jahren, gefolgt von einer Stabilisierung der Erkrankungsinzidenz. Insgesamt betrug die Inzidenz der GTD über 20 Jahre 1,67 Fälle/1000 Geburten/Jahr [5]. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung herrscht in der Behandlung von Patientinnen mit GTD oftmals diagnostische und therapeutische Unsicherheit. Aus diesem Grund gibt die Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe im Rahmen des Leitlinienprogrammes der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) eine S2k-Leitlinie zur Diagnose und Therapie von Patientinnen mit gestationellen und nicht-gestationellen Trophoblasterkrankungen heraus (,Gestationelle und nicht-gestationelle Trophoblasterkrankungen‘; AWMF-Registernummer 032/049; [6]).

In der Sitzung der Organkommission Uterus der AGO vom 22.5.2018 wurde beschlossen, ein deutschlandweites Register für Trophoblasterkrankungen einzurichten. Beauftragt mit der Etablierung und Wartung des Trophoblasttumorregisters der AGO wurde der federführende Autor der in Deutschland geltenden Leitlinie zur Diagnose und Therapie von Frauen mit Trophoblasterkrankungen, Herr Prof. Dr. med. Clemens Tempfer, MBA, Ruhr-Universität Bochum (RUB).

In Deutschland existiert bis dato kein bundesweites Register zur Erfassung der Versorgungsrealität von Patientinnen mit gestationellen und nicht-gestationellen Trophoblasterkrankungen. Da in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern keine zentralisierte Behandlung von Patientinnen mit gestationellen und nicht-gestationellen Trophoblasterkrankungen erfolgt, sind epidemiologische und Versorgungsforschungs-assoziierte Fragestellungen nur schwer zu bearbeiten. Aus diesem Grund soll mit der Unterstützung der AGO, der DGGG und der DKG unter der Federführung der thematisch zuständigen Organkommission Uterus der AGO und des Autors der für Deutschland geltenden Leitlinie ,Gestationelle und nicht-gestationelle Trophoblasterkrankungen‘ ein bundesweites Register eingerichtet werden.

Das primäre Ziel des Trophoblasttumor-Registers der Organkommission Uterus der AGO ist es, retrospektiv und prospektiv die Diagnosen, Therapiemodalitäten und Erkrankungsverläufe von Patientinnen zu erfassen, die in Deutschland wegen einer gestationellen oder nicht-gestationellen Trophoblasterkrankung behandelt werden.

Die sekundären Studienziele lauten wie folgt:

  • Erfassung der Leitlinienkonformität der Behandlung von Patientinnen mit gestationellen und nicht-gestationellen Trophoblasterkrankungen
  • Erfassung der Häufigkeit der Unterdiagnosen der Gruppe der gestationellen und nicht-gestationellen Trophoblasterkrankungen wie z.B. ETT, PSTT, PSN, atypischer PSN, invasive Mole und Chorionkarzinom
  • Landesweite Verteilung der Häufigkeiten von gestationellen und nicht-gestationellen Trophoblasterkrankungen und deren Unterformen sowie Unterschiede zwischen den Bundesländern
  • Erfassung der Charakteristika von Patientinnen mit gestationellen und nicht-gestationellen Trophoblasterkrankungen in Deutschland wie z.B. Nebenerkrankungen, Alter, Schwangerschaftsanamnese

Literatur

  1. Ngan HY, Bender H, Benedet JL, Jones H, Montruccoli GC, Pecorelli S; FIGO Committee on Gynecologic Oncology. Gestational trophoblastic neoplasia, FIGO 2000 staging and classification. Int J Gynaecol Obstet. 2003;83 Suppl 1:175-7. PubMed | DOI
  2. Gestational Trophoblastic Disease - Diagnostic and Molecular Genetic Pathology (Current Clinical Pathology). Hui P. (ed.) Humana Press – Springer, New York, USA. 2nd edition 2012, ISBN 978-1-61779-394-3. Link
  3. Savage P, Williams J, Wong SL, Short D, Casalboni S, Catalano K, Seckl M. The demographics of molar pregnancies in England and Wales from 2000-2009. J Reprod Med. 2010;55(7-8):341-5. PubMed
  4. Tham BW, Everard JE, Tidy JA, Drew D, Hancock BW. Gestational trophoblastic disease in the Asian population of Northern England and North Wales. BJOG. 2003;110(6):555-9. PubMed | DOI
  5. Eysbouts YK, Bulten J, Ottevanger PB, Thomas CM, Ten Kate-Booij MJ, van Herwaarden AE, Siebers AG, Sweep FC, Massuger LF. Trends in incidence for gestational trophoblastic disease over the last 20 years in a population-based study. Gynecol Oncol. 2016;140(1):70-5. PubMed | DOI
  6. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/032-049.html

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